Als Historiker*innen interessieren uns zunächst Quellen. Obwohl in Online-Debatten zu Quellen gerne auch Artikel von mehr oder weniger seriösen Zeitschriften, Magazinen und Blogs gehören, meinen wir einen speziellen Begriff. Um es kurz und viel zu simpel auszudrücken, wenn wir als Historiker*innen also versuchen nachzuvollziehen was Frontex ist und wie Frontex agiert, interessieren uns in erster Linie „Rohinformationen“ wie Bilanzen, Verträge, Verordnungen und Reden. Meinungsbildende Texte und Debatten, wie Artikel und Reportagen sind dabei zweitrangig.
Damit bearbeiten wir in der Recherche zunächst offensichtliche Quellen. Ein Beispiel wäre die aktuelle Tagesordnung des EU-Parlaments für die Woche vom 4.-7. Oktober 2021.[1]https://www.europarl.europa.eu/news/de/agenda/briefing/2021-10-04 In dieser Woche(03-09.10.21) gibt es keine Beiträge zu Frontex. Es macht aber durchaus Sinn, immer auch aktuelle Entwicklungen zu prüfen, da bei Themen, die mit der Agentur zusammenhängen, Frontex nicht explizit erwähnen. In unserem Beispiel wäre das der Fall. Denn der Plan der EU, neben Frontex, eine zweite vollwertige Agentur aufzubauen, die speziell Asylfragen behandelt, hat für unsere Recherche durchaus Relevanz.
Über die Standardsuche der offiziellen Homepage des EU-Parlaments lassen sich natürlich auch relevante Inhalte finden. Eine einfache Stichwortsuche („Frontex“), bringt uns zu einem Bericht über eine neue EP Frontex Scrutiny Working Group (FSWG). Entsprechende Gruppe besteht aus Mitglieder*innen der europäischen Parteien.[2]https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20210222IPR98303/frontex-meps-to-investigate-alleged-violations-of-fundamental-rights Suchen wir über eine Suchmaschine wie DuckDuckGo oder Google nach der FSWG, so finden wir dann das Working Document der FSWG und die Antwort von Frontex auf diesen Bericht.[3]https://www.europarl.europa.eu/cmsdata/238156/14072021%20Final%20Report%20FSWG_en.pdf Die Interpretation dieser Texte finden Sie in der Rubrik Grenzsicherung/frontex unter der Überschrift Kritik.
Neben der offiziellen Website der EU gibt es auch noch die öffentliche Datenbank EUR-Lex. Dort findet man zum jetzigen Zeitpunkt, 1625 Einträge zu Frontex. Dabei handelt es sich sowohl um Mitteilungen der Kommission, die wichtige Wegweiser für die Entwicklung von Frontex enthalten, als auch um Rechtsprechungen die Personalangelegenheiten aber auch Fragen um den Zugang der Öffentlichkeit zu bestimmten Dokumenten.
Typischerweise sind natürlich Bilanzen in diesem Ausmaß nicht einfach zu interpretieren und werden erst dann aussagekräftig wenn man sich in den Gesamtverlauf einarbeitet. Bei einer Durchsicht der Dokumente kann man außerdem beobachten welche Agenturen, Arbeitsgruppen und Kollegien rund um die europäische Sicherheitspolitik gegründet und auch wieder aufgelöst werden. Es handelt sich also um eine komplexe Zusammenarbeit von unterschiedlichen Gruppen, die mit Frontex zusammenarbeiten. Ein Beispiel ist die Einrichtung des Europäischen Sicherheits- und Verteidigungskollegs (ESVK).
Entsprechende Dokumente sind voll von Abkürzungen, Verweisen und Haftungshinweisen. Eine tiefgreifende Recherche zu Frontex beinhaltet deswegen eine aufwändige Auseinandersetzung mit den Organen und Institutionen der Europäischen Union.
References
↑1 | https://www.europarl.europa.eu/news/de/agenda/briefing/2021-10-04 |
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↑2 | https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20210222IPR98303/frontex-meps-to-investigate-alleged-violations-of-fundamental-rights |
↑3 | https://www.europarl.europa.eu/cmsdata/238156/14072021%20Final%20Report%20FSWG_en.pdf |
↑4 | https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017B0524(02)&qid=1627371297412&from=DE |
↑5 | https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02020D1515-20211018&qid=1636017845659 |